Inhaltsangabe
Wenn du überlegst, eine Paartherapie in Anspruch zu nehmen, hast du vielleicht schon bestimmte Erwartungen im Kopf. Es ist wichtig, diese Erwartungen zu hinterfragen und zu reflektieren, ob sie realistisch oder unrealistisch sind. In meiner Arbeit als Paartherapeutin treffe ich immer wieder auf Paare, die mit bestimmten Vorstellungen in die Therapie kommen – und manchmal ist es notwendig, diese Vorstellungen zu justieren, um gemeinsam erfolgreich an der Beziehung zu arbeiten.
Realistische Erwartungen: Was ist der Sinn einer Paartherapie?
Der Hauptzweck einer Paartherapie besteht darin, Kommunikationsbarrieren zu durchbrechen, ungelöste Konflikte anzugehen und ein tieferes Verständnis füreinander zu entwickeln. Viele Paare glauben, dass die Therapie dazu da ist, alle Probleme sofort zu lösen. Aber tatsächlich geht es darum, Werkzeuge und Strategien zu erlernen, mit denen ihr als Paar in der Lage seid, eure Beziehung nachhaltig zu verbessern.
Ein Beispiel: Ein Paar, das sich ständig über kleine Dinge streitet, mag denken, dass diese Streitigkeiten das Hauptproblem sind. Doch in der Therapie zeigt sich oft, dass tieferliegende Probleme wie ungelöste Verletzungen, nicht beachtete Bedürfnisse oder Missverständnisse die wahre Ursache sind. Die Therapie hilft, diese Schichten zu durchdringen und das eigentliche Problem anzugehen.
Welche Fragen werden bei einer Paartherapie gestellt?
In einer Paartherapie wirst du auf Fragen stoßen, die dich dazu bringen, deine Beziehung und dein Verhalten kritisch zu reflektieren. Solche Fragen könnten sein: „Was erhoffst du dir von deiner Beziehung?“ oder „Wie fühlst du dich, wenn es zu Konflikten kommt?“ Diese Fragen sind nicht dazu da, um Schuldzuweisungen zu machen, sondern um ein besseres Verständnis der Dynamiken in der Beziehung zu entwickeln.
Ein weiteres Beispiel: Ein Paar, das Schwierigkeiten hat, gemeinsame Entscheidungen zu treffen, könnte gefragt werden, wie Entscheidungsprozesse in der Beziehung aussehen und welche Ängste oder Unsicherheiten dabei eine Rolle spielen. Solche Fragen öffnen oft Türen zu tief verwurzelten Gefühlen, die zuvor möglicherweise nicht angesprochen wurden.
Wann bringt eine Paartherapie noch was?
Eine häufige Frage ist, ob die Paartherapie überhaupt noch etwas bringt, wenn die Beziehung bereits stark belastet ist. Tatsächlich kann die Therapie auch in scheinbar aussichtslosen Situationen helfen, wenn beide Partner*innen bereit sind, an sich selbst und an der Beziehung zu arbeiten. Wichtig ist, dass beide offen und ehrlich miteinander umgehen und die Bereitschaft mitbringen, Veränderungen zuzulassen.
Nehmen wir an, ein Paar hat über Monate hinweg kaum noch miteinander gesprochen und lebt eher nebeneinander her. Die Therapie kann in solchen Fällen helfen, wieder eine Gesprächsbasis zu schaffen und herauszufinden, ob noch eine gemeinsame Basis für die Zukunft besteht.
Wie hoch ist die Erfolgsquote bei Paartherapie?
Die Erfolgsquote einer Paartherapie variiert stark, je nach den individuellen Umständen des Paares und deren Engagement. Studien zeigen, dass etwa 70% der Paare nach einer Therapie von einer Verbesserung ihrer Beziehung berichten. Aber was bedeutet Erfolg in diesem Kontext? Manchmal führt die Therapie dazu, dass Paare beschließen, sich in Freund*innenschaft zu trennen, weil sie erkennen, dass ihre Bedürfnisse und Wünsche nicht mehr übereinstimmen. Auch das kann als Erfolg betrachtet werden, weil es zu einem friedlichen und respektvollen Abschluss der Beziehung führt.
Unrealistische Erwartungen: Was die Paartherapie nicht leisten kann
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Paartherapie keine magische Lösung ist, die alle Beziehungsprobleme über Nacht verschwinden lässt. Manchmal haben Paare die Erwartung, dass ein paar Sitzungen ausreichen, um eine lange Phase der Entfremdung zu überwinden. Doch eine Beziehung zu heilen, insbesondere wenn tiefere Verletzungen im Spiel sind, benötigt Zeit, Geduld und Einsatz von beiden Seiten.
Es kommen immer wieder Paare in der Hoffnung zu mir, dass ich ihre*n Partner*in „reparieren“ könnte, die*den sie als das Hauptproblem in der Beziehung sehen. Doch die Realität ist, dass Therapie nicht darum geht, einen Schuldigen zu finden und ihn zu ändern. Vielmehr geht es darum, zu erkennen, wie beide Partner*innen zu den aktuellen Dynamiken beitragen und wie sie gemeinsam an einer besseren Zukunft arbeiten können. Die Erwartung, dass die Paartherapie eine*n Partner*in komplett verändert, ist oft unrealistisch und kann zu Frustration führen.
Kann eine Paartherapie eine Beziehung retten?
Ob eine Paartherapie eine Beziehung retten kann, hängt von vielen Faktoren ab, insbesondere von der Bereitschaft beider Partner*innen, sich auf den Prozess einzulassen. Eine Therapie kann sehr wohl dazu beitragen, die Beziehung zu retten, indem sie Paaren neue Wege aufzeigt, miteinander zu kommunizieren und Konflikte zu lösen. Aber auch hier ist es wichtig, realistische Erwartungen zu haben: Die Therapie ist kein Wundermittel, sondern ein Prozess, der Zeit und Engagement erfordert.
Ein Paar, das sich wegen ständiger Eifersucht auseinandergelebt hat, kann durch die Therapie lernen, diese Eifersucht zu verstehen und an der Vertrauensbasis zu arbeiten. Das kann dazu führen, dass die Beziehung gerettet wird, weil beide Partner*innen lernen, ihre Ängste und Unsicherheiten zu kommunizieren und zu überwinden.
Die Rolle der eigenen Verantwortung
Eine erfolgreiche Paartherapie hängt nicht nur von der Arbeit des*der Therapeut*in ab, sondern auch von der Bereitschaft beider Partner*innen, sich aktiv einzubringen. Realistisch betrachtet müssen beide Partner*innen die Verantwortung für ihre Rolle in der Beziehung übernehmen und bereit sein, Veränderungen vorzunehmen. Dies kann bedeuten, dass man unangenehme Wahrheiten über sich selbst erkennen und an diesen arbeiten muss.
Ein Paar, das bereit ist, ehrlich zu reflektieren und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, hat weitaus größere Chancen auf Erfolg in der Therapie. Wenn beide Partner*innen mit einer offenen Haltung und der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, in die Therapie gehen, kann dies den Weg für tiefgreifende positive Veränderungen ebnen.
Wie lange sollte man eine Paartherapie machen?
Die Dauer einer Paartherapie kann variieren, je nachdem, wie tief die Probleme in der Beziehung verankert sind. In einigen Fällen reichen wenige Sitzungen, um deutliche Fortschritte zu erzielen, in anderen Fällen kann eine längere Therapie notwendig sein, um tiefere Veränderungen zu erreichen. In der Regel dauert eine Paartherapie zwischen 10 und 20 Sitzungen, wobei der Fortschritt von der aktiven Mitarbeit beider Partner*innen abhängt.
Was tun, wenn die Erwartungen an die Paartherapie sich nicht erfüllen und sich keine Fortschritte zeigen?
Es kann vorkommen, dass Paare nach den ersten Sitzungen das Gefühl haben, keine Fortschritte zu machen. Dies kann entmutigend sein, ist aber oft ein normaler Teil des Prozesses. Veränderungen brauchen Zeit, und es ist wichtig, geduldig zu bleiben und den Prozess zu vertrauen. Wenn jedoch nach mehreren Sitzungen keine Verbesserung sichtbar wird, ist es sinnvoll, dies mit dem*der Therapeut*in zu besprechen und möglicherweise den Ansatz anzupassen.
Fazit: Erwartungen an eine Paartherapie klären und offen für den Prozess sein
Die Paartherapie ist ein wertvolles Werkzeug, um Beziehungen zu stärken und zu heilen. Allerdings ist es wichtig, mit realistischen Erwartungen in die Therapie zu gehen und sich bewusst zu machen, dass es Zeit, Geduld und vor allem Bereitschaft zur Veränderung braucht. Wenn du mit deinem*deiner Partner*in bereit bist, euch auf diesen Weg zu begeben, kann die Paartherapie ein entscheidender Schritt sein, um eure Beziehung wieder auf eine stabile und liebevolle Basis zu stellen.
Wenn du das Gefühl hast, dass deine Beziehung Unterstützung braucht, zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Vereinbare ein Erstgespräch und finde heraus, wie Paartherapie euch helfen kann, eure Beziehung zu stärken.